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Stellungnahme des Bayerischen Roten Kreuzes zur RTL-Berichterstattung „Team Wallraff“
Im Rahmen der Sendung „Team Wallraff“ auf RTL wurden Investigativ-Reporter mit versteckten Kameras in die Dienstleistungsbereiche des Deutschen Roten Kreuzes eingeschleust. Wir sind offen für Kritik und entwickeln uns stetig weiter. Doch leider mussten wir feststellen, dass die Berichterstattung formatbedingt tendenziös und in sehr vielen Punkten unwahr ausgefallen ist.
Wir sind dankbar für Hinweise, die auf Missstände innerhalb unserer Organisationen hinweisen. Auch bei uns arbeiten Menschen – und wo Menschen arbeiten, können auch Fehler passieren. Diese erkennen und beheben wir nach bestem Wissen und Gewissen. Allerdings trägt die RTL-Berichterstattung keineswegs zu einem solchen Prozess bei, im Gegenteil: Durch tendenziöse und unwahre Vorwürfe wird Stimmung gegen das Rote Kreuz gemacht – und das in einer Zeit, in der es mehr denn je wichtig ist, dass sich Menschen füreinander einsetzen, solidarisch an Ihre Mitmenschen denken und wir alle gemeinsam diejenigen schätzen, die in diesen Zeiten besonders wichtige Arbeit leisten.
Da wir großen Wert auf Transparenz und auf die Offenheit unserer Struktur legen, möchten wir Ihnen zu einzelnen Punkten unsere Sicht der Dinge darlegen.
Gerne beantworten wir Ihnen auch darüber hinaus Ihre Fragen!
1. Kleiderkammer:
Im BRK gibt es so gut wie keine Kleiderkammern mehr, sondern fast ausschließlich Kleiderläden (derzeit 110 in Bayern). In den „Kammern“ erhalten Bedürftige kostenlos ausgesuchte Kleidung in ihrer Größe. Die Kleiderläden hingegen ähneln einem Second-Hand-Shop, bei dem Bürgerinnen und Bürger unabhängig einer etwaigen Bedürftigkeit kostengünstig einkaufen können. Zusätzlich erhalten Bedürftige mit entsprechendem Nachweis einen Rabatt von meist 50%.
Richtig ist, dass ein großer Teil der Altkleiderspenden (bspw. per Altkleidercontainer) eine so schlechte Qualität aufweisen, dass sie für die Wiederverwendung für bedürftige Mitbürgerinnen und Mitbürger nicht in Frage kommen und daher zur Weiterverwertung (Recycling) an Textildienstleister verkauft werden. Die Erträge kommen wiederum den satzungsgemäßen Aufgaben des BRK zugute.
2. Haustürwerbung:
In unseren FAQs klären wir Fragen zur Haustürwerbung seit einiger Zeit sehr transparent. Wir legen sehr großen Wert darauf, dass der Grundsatz der „Freiwilligkeit“ bei einer Spende gewahrt bleibt. Insofern distanzieren wir uns von jeglichem Druck, den etwaige Haustürwerber auf mögliche Spenderinnen und Spender ausüben. Es ist unzutreffend, dass die Zuführung von professioneller Hilfe (bspw. bei einem medizinischen Notfall) von einer Spende abhängt. Dieser Eindruck darf nicht erzeugt werden. Auch wenn die gezeigten Fälle nicht aus Bayern waren, werden wir intern die Abläufe prüfen und die Sensibilität stärken.
3. Spendenbriefe:
Das Bayerische Rote Kreuz organisiert seine Spendenmailings ausschließlich auf der Ebene der Kreisverbände. Das heißt, dass bei Spendenmailings die Spenden auch im jeweiligen Kreisverband ankommen. Es ist zulässig und gewollt, dass konkrete Projekte oder Gründe für das Spendenmailing angegeben werden. Wir möchten dem Spender dadurch zeigen, wofür wir die Spenden brauchen und einsetzen werden. Es ist auch richtig, dass Spenden insgesamt für weitere satzungsgemäße Aufgaben des Bayerischen Roten Kreuzes eingesetzt werden können. Wir prüfen, inwieweit der Hinweis hierzu prominenter auf einem Spendenbogen dargestellt werden kann.
4. Hausnotruf:
Es gibt offizielle Hausnotruf-Standards im gesamten Deutschen Roten Kreuz. Die Mindestempfehlung für einen Hintergrunddienst ist eine Ersthelfer-Ausbildung. In den Verträgen ist auch klar geregelt, dass der Hintergrunddienst nur zu Einsätzen kommt, wenn kein medizinischer Notfall vorliegt. Ansonsten muss gleich der Rettungsdienst (Notruf 112) informiert werden, nicht zuletzt, weil der Hausnotruf-Hintergrunddienst nicht mit Sonder- und Wegerechten (Blaulicht) im Straßenverkehr unterwegs ist. Der Hintergrunddienst darf nicht mit einem regelmäßigen Pflegedienst verwechselt werden. Selbstverständlich ist es aber auch Aufgabe des Hintergrunddienstes, in speziellen Situationen, beispielsweise nach einem Sturz ohne Verletzungen, als Hebehilfe einzugreifen.
Anders als in der Berichterstattung suggeriert, gibt es keinen Anlass zur Verunsicherung bei der Inanspruchnahme des Hausnotruf-Dienstes. Das BRK bedient in Bayern rund 55.000 (Stand 30.09.2020) Hausnotruf-Anschlüsse und hilft damit täglich tausenden Menschen zuverlässig in ihrem häuslichen Umfeld.
5. Mietimmobilien (Seitz 8 – München):
Mitte der 60iger Jahre errichtete der Kreisverband München in der Seitzstraße 8 seine Kreisgeschäftsstelle. Da das Gebäude nach rund 50 Jahren Nutzung nicht mehr den Anforderungen an ein zeitgemäßes, energie- und flächeneffizientes Bürogebäude entsprochen hat, musste es vollständig ersetzt werden. Im Zuge dessen wurde bewusst entschieden, die Geschäftsstelle zu verlegen und an diesem Standort Büroflächen zu vermieten, um die Mieteinnahmen für soziale und humanitäre Aufgaben verwenden zu können. Wir nutzen das Gebäude zudem weiterhin als Rettungswache für das dortige Versorgungsgebiet sowie für Schulungen und Kurse.
Die dort verlangten Mieten beziehen sich auf Gewerbeflächen. Es handelt sich dabei nicht um die Vermietung von Wohnraum, sondern um gewerbliche Vermietungen an Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen wie Rechtsberatung, Investment, Bau. Die Preise mit diesen Unternehmen werden frei verhandelt. Es sind ortsübliche Mieten für neue Gewerbeflächen in dieser Lage in München.
Diese Mittel sind notwendig, um unser umfangreiches Angebot an Unterstützung und Hilfe für Menschen in Notlagen dauerhaft aufrechtzuerhalten. Auch die steuerrechtlichen Vorgaben für gemeinnützige Organisationen würden keine andere Verwendung zulassen.
Im Rahmen des „Betreuten Wohnens für AIDS-Patient*innen“ vermietet das Münchner Rote Kreuz in München Wohnungen an Menschen, die an HIV erkrankt sind. Seit vielen Jahren bietet der Kreisverband München auch Mitarbeiter*innen Wohnungen zu einem vergünstigten Mietpreis.
6. Parkplatzbewirtschaftung und Betrieb des ZOB in München
Der Zentrale Omnibusbahnhof (ZOB) in München wird durch den Kreisverband München zur Finanzierung der satzungsgemäßen Aufgaben des BRK im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art betrieben. Die Erlöse aus dem Betrieb des ZOB kommen nach entsprechender Versteuerung ausschließlich humanitären und sozialen Aufgaben zugute.
Neben dem Betrieb des ZOB bewirtschaftet das BRK im Rahmen des oben genannten Gewerbebetriebes auch verschiedene Parkplätze in München und Umgebung. Dieses Engagement hat soziale Gründe: in der Nachkriegszeit sind damit Arbeitsplätze für Kriegsverletzte geschaffen worden. Die Erlöse aus der Bewirtschaftung von Parkplätzen kommen der Finanzierung von humanitären und sozialen Aufgaben des Münchener Roten Kreuzes zugute.
7. Das BRK hätte beim Auszug aus der Wiesn-Wache unnötigen Schaden hinterlassen
Nach den Verträgen mit der Stadt München war das BRK verpflichtet, die Wache auf der Theresienwiese fristgerecht vollständig zu räumen und sämtliche Einbauten zurückzubauen. Dazu gehörte auch, dass die vom BRK in der Wiesn-Wache installierte IT-Infrastruktur abgebaut werden musste. Dies wurde fachgerecht durchgeführt.
Vielmehr ist zu bemerken, dass die Aicher Ambulanz Union als nicht-gemeinnützige Kommanditgesellschaft die Ausschreibung der sanitätsdienstlichen Absicherung des Oktoberfestes gewonnen hat. Das BRK bedauerte es, dass nicht gemeinnützige Organisationen den Zuschlag erhielten, sondern ein gewinnorientiertes Unternehmen der Privatwirtschaft. Das bedeutet aber nicht, dass das BRK, das sich den Menschen verpflichtet sieht, Konkurrenten behindern würde.
Auch die Behauptung, das BRK hätte Druck auf Medizingeräte-Lieferanten ausgeübt ist unzutreffend. Das BRK bekennt sich zu einem fairen Handel und Miteinander.
8. BRK hätte Druck auf Ehrenamtliche ausgeübt, um Engagement bei der Aicher Ambulanz Union zu unterbinden
Es ist nicht korrekt, dass das BRK ehrenamtliche Helfer dazu bringen wollte, nicht ehrenamtlich für die Aicher Ambulanz Union tätig zu werden. Es ist richtig, dass eine ehrenamtliche Bereitschaft eines Kreisverbandes ein Schreiben an seine Mitglieder verfasst hat, in dem die Mitglieder über das Ausschreibungsergebnis informiert wurden. Dabei wurde an die Mitglieder auch appelliert, dem Roten Kreuz treu zu bleiben und nicht des Einsatzes auf der Wiesn wegen sich in den Dienst eines kommerziellen Anbieters zu stellen.
Auch nach den Grundsätzen des Roten Kreuzes verbietet es sich, in irgendeiner Weise Druck auf ehrenamtliche Helfer auszuüben. Wir setzen auf Freiwilligkeit, das trifft auch das Engagement in unserer Organisation und schließt das Engagement in anderen Organisationen keineswegs aus.
9. Allgemeines zur Wiesn
Es ist richtig, dass Aicher das Angebot des BRK beim Oktoberfest unterbot und deshalb den Zuschlag erhielt.
Beim BRK engagieren sich Ehrenamtliche meist aus altruistischen Gründen und erhalten allenfalls eine Entschädigung in Geld oder Erstattungen für Fahrtkosten und Verpflegung. Einnahmen werden im BRK gemeinnützig verwendet und fließen nicht – wie bei gewinnorientierten Kommanditgesellschaften – Einzelpersonen zu.
Bei seinem Angebot für den Sanitätsdienst auf dem Oktoberfest hat das BRK „mit einer schwarzen Null“ kalkuliert und wie auch in der Vergangenheit keinen Gewinn, sondern eine Kostendeckung angestrebt. Warum und um wieviel das Angebot des Mitbewerbers niedriger lag, kann seitens des BRK daher nicht beurteilt werden.
Dass sich der BRK-Präsident auch öffentlich dafür einsetzt, dass die Angehörigen des BRK-Kreisverbandes München auf dem Oktoberfest auch weiterhin im Einsatz bleiben können, ist selbstverständlich. Präsident Zellner wendet sich auch über das Oktoberfest hinaus stets gegen die Kommerzialisierung im Rettungs- und Sanitätsdienst.
10. Gehälter beim Blutspendedienst
Wir tätigen keine Aussagen zu Gehältern einzelner Geschäftsführer. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft weist diese Summe im Rahmen der geltenden IDW-Standards nicht mehr aus, da der abgebildete Betrag nicht den tatsächlichen Gehältern entspricht. Gezeigt wurde ein Brutto-Betrag, der u.a. Arbeitgeberanteile der Sozialversicherung, die Versteuerung geldwerter Pflichtbeiträge und sonstiger Arbeitgeberleistungen, sowie weitere Aufwandspositionen enthält und dadurch erheblich höher ausfällt als die tatsächlich gezahlten Gehälter. Dies führte und führt zu fehlerhaften Darstellungen in der Öffentlichkeit.