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Bereichsausnahme im Rettungsdienst
Ein freier Wettbewerb um den jeweils geringsten Preis? Was bundesrechtlich längst möglich ist, deklariert die Politik in Bayern als nicht umsetzbar: die Anwendung der Bereichsausnahme auf den Rettungsdienst. Das Bayerische Rote Kreuz fordert: Schluss mit dem Ausschreibungs-Unsinn!
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) sagt, um einen freien Wettbewerb zu gewährleisten, müssen jegliche Leistungen ausgeschrieben werden, die einen bestimmten Wert überschreiten. Doch er räumt auch Ausnahmen ein. So könnte der Rettungsdienst in Bayern von der EU-Pflicht zur Ausschreibung ausgenommen werden – mit der sogenannten Bereichsausnahme. Der deutsche Gesetzgeber hat dies im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) umgesetzt. Bayern sagt jedoch bis heute, eine Bereichsausnahme wäre nicht anwendbar. Das BRK widerspricht dabei entschieden. Derzeit sieht die Praxis in Bayern vor, dass die Konzessionen zum Betrieb von Rettungswachen nach einer öffentlich-rechtlichen Ausschreibung in einem Vergabeverfahren erteilt werden.
Dabei spielt vor allem der Angebotspreis eine Hauptrolle, was zu einem massiven Preisdruck für Hilfsorganisationen führt. Oft genug müssen im Rahmen dieser Konzessionen sogenannten Sonderbedarfe zusätzlich von den Bietenden gedeckt werden, deren Kosten sie selbst zu tragen haben und nicht mit in das Angebot einkalkuliert werden dürfen. Das erhöht den Zwang, wettbewerbsfähig zu bleiben – und geht auf Kosten jener, die das Fundament des Rettungsdienstes bilden: die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter. Diese sind tagtäglich psychischen und physischen Belastungen ausgesetzt und haben es verdient, für ihren Einsatz eine angemessene Bezahlung, eine umfassende Gesundheitsvorsorge und vor allem einen sicheren Arbeitsplatz zu erhalten, der über fünf Jahre hinaus reicht.
Daher dürfen Rettungsdienstleistungen nicht durch den Markt geregelt werden, sondern müssen subsidiär wachsen. Wenn dies nicht geschieht und die Einsatzkräfte nicht mehr wissen, für wen sie sich engagieren, wenn ihnen die Perspektiven genommen werden, da ihnen nur noch Fünf-Jahres-Verträge angeboten werden können, dann werden am Ende die Kräfte fehlen.
Zudem lässt sich die tragende Säule unseres Sicherheitssystems, das Ehrenamt, nun mal nicht auf Knopfdruck aufbauen, sondern muss über Jahre hinweg mit den Strukturen einer Rettungswache heranwachsen. Ein Problem mit weitreichenden Konsequenzen, denn gerade den Ehrenamtlichen ist der Rettungsdienst so wichtig, weil sie hier jene Praxis erwerben, die sie dann im Katastrophenschutz anwenden müssen.
Brauchen wir in Bayern in der Notfallrettung tatsächlich ausländische Investoren, die hier Geld verdienen wollen? Landesgeschäftsführer des BRK Leonhard Stärk erläutert: „Wir haben in Bayern ein gut funktionierendes und hochkomplexes, im Ernstfall auswuchsfähiges, System an gemeinnützigen Hilfsorganisationen. Bei der Forderung der Bereichsausnahme ist sich das BRK mit den bisher in Bayern tätigen Durchführenden der Notfallrettung einig, dass wir miteinander den Bedarf an Rettungsdienstleistungen decken können und die Wachen besetzen werden." Es gilt, das errichtete System an Hilfeleistungen aufrechtzuerhalten, Arbeitsplätze abzusichern und ehrenamtliches Engagement zu erhalten.
Die Forderung an die Politik ist daher klar und deutlich: Das Bayerische Rettungsdienstgesetz muss bereits zu Beginn der kommenden Legislaturperiode geändert werden!