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#blickinszentrum: "Ein kontrolliert zugelassener Impfstoff ist wahrscheinlich risikofreier als ein völlig unkontrollierbarer Virus"
Felix Wallström leitet das Impfzentrum in Kitzingen. Im Interview spricht der Kreisgeschäftsführer über die Kunst, keinen Tropfen Impfstoff zu vergeuden, die Ängste der Bevölkerung und erzählt, wie seine Mannschaft gerade über sich hinauswächst.
Bist du eigentlich schon geimpft?
Nein, ich bin nicht geimpft. Das will ich auch klarstellen. Ich arbeite zwar ab und zu als Notfallsanitäter, aber ich will mich deshalb nicht ganz nach vorne stellen. Ich freue mich auf den Moment, wenn ich dran bin - aber da ich 25 und kerngesund bin sehe ich mich da weiter hinten.
Wenn ich einen Impftermin bei euch hätte und zur Tür hereinkomme - wie läuft das eigentlich ab?
Zunächst kommst du zur Security, die überprüft, ob du einen Termin hast. Dann wird mit einem Spezialgerät Fieber gemessen. Danach geht's weiter zu einem von vier Check-In-Schaltern. Dort wird überprüft, ob die Person impfberechtigt ist und der Anamnese-, Aufklärungs- und Impfbogen gedruckt. Du bekommst dann ein Ticket mit einer Nummer darauf, setzt sich in den Wartebereich und wartest, bis du über unseren Monitor informiert wirst, dass die nächste Impfkabine frei ist. In der Aufklärungskabine kannst du davor mit einem Arzt sprechen, der dir die Impfung nochmal erklärt. Die nächste und kürzeste Station ist die Impfkabine, das dauert ein paar Sekunden. Dann geht's weiter in den Wartebereich, dort sieht die Person dann wieder ihre Nummer und sieht einen Countdown und wie lange sie warten sollte, bevor sie nach Hause geht. Und wir haben einen Feedback-Automaten, dort können alle noch angeben, wie zufrieden sie waren.
Und wie waren die Rückmeldungen bisher?
Die Leute sind alle sehr glücklich, wenn sie ihre Impfung haben.
Wie viele Menschen sind bei euch nicht impfberechtigt?
Die Leute sind sehr ehrlich und wir hatten bisher wenige Einzelfälle, bei denen sich jemand zum Impftermin schmuggeln wollte oder sich einfach in einer anderen Gruppe gesehen hat. Ob das dann mutwillig war oder nicht, will ich auch nicht beurteilen.
Und was macht ihr mit dem Impfstoff, der dann übrigbleibt?
Die Impfstoffe in den Fläschchen reichen oftmals für mehr als die geplanten Impfungen. Biontech hat fünf bis sechs Impfdosen, wir bekommen meist sechs Impfdosen raus. Auch weil wir auf eigene Kosten spezielle 1-ml-Spritzen gekauft haben, die ein hochpräzises Aufziehen ermöglichen. Standardmäßig sind nur 2-ml-Spritzen dabei. Für den Fall, dass wir also am Abend noch Impfstoff übrig haben, haben wir eine große Springer-Gruppe definiert, die besteht aus berechtigten Personen - aus Ärzten, Rettungsdienstmitarbeitern, Pflegemitarbeitern. Bislang hat es immer gut funktioniert, diese Menschen spontan anzuschreiben, ob sie vorbeikommen können für die Impfung. Wir müssen natürlich diese Gruppe im Blick behalten, weil sie schön langsam auch schon schrumpft. Wir mussten bis heute noch keinen Tropfen Impfstoff wegwerfen.
Wie geht's dir grundsätzlich mit der Aufgabe des Impfzentrums-Leiters?
Soweit geht's uns gut. Wir sehen gerade Herausforderungen entgegen, weil wir die Kapazitäten im Impfzentrum erweitern sollen. Wir sind sehr froh, dass wir die Senioren- und Pflegeeinrichtungen im Landkreis mit unseren mobilen Impfteams fertigimpfen konnten.
Wie ist das Impfangebot in den Pflegeeinrichtungen und Seniorenheimen angekommen?
Das kam sehr gut an, der Großteil der Bewohner hat sich impfen lassen. Es war eine sehr partnerschaftliches Zusammenarbeit mit den Heimbetreibern, die uns in der Vorbereitung der Impftermine unterstützt haben. Das hat auch dazu geführt, das vor Ort alles reibungslos ablief und wir eigentlich immer schneller waren, als es der Zeitplan vorgesehen hat. Unter den Umständen verbuche ich es als Erfolg, dass wir innerhalb von zwei Monaten in den Pflege- und Seniorenheimen mit den Erst- und Zweitimpfungen komplett durch sind.
Welche waren die großen Herausforderungen der letzten Wochen?
Die erste war die Software, die in der Beta-Version veröffentlicht wurde. Mit jedem Update mussten wir dann auch unsere Prozesse dementsprechend anpassen. Dann hat uns die Corona-Impfverordnung mit jeder Neuerung vor Herausforderungen gestellt, bis hin zu den sich ändernden Hygienevorschriften für das Impfzentrum. Die verschiedenen Impfstoffe, die jeweils verschieden gelagert werden müssen, verschieden verimpft werden und verschiedene Regularien mit sich bringen. Astra Zeneca ist beispielsweise für die unter 65-Jährigen zugelassen. Das sind die Dinge, die dynamisch waren und immer noch sind.
Man muss also flexibel bleiben?
Wir haben ja im Landkreis zwei Impfzentren, das heißt, wir müssen uns auch da immer wieder abstimmen. Der andere Impfbetreiber ist die Klinik vor Ort, das ist ein sehr partnerschaftliches Zusammenarbeiten, auch schon davor.
Wie sieht ein Alltag eines Kreisgeschäftsführers und gleichzeitig Leiters des Impfzentrums aus?
Wenn ich in der Früh reinkomme, beschäftige ich mich mit dem Thema impfen, und wenn ich am Abend rausgehe, ist das immer noch so. Der Schwerpunkt liegt derzeit auf dem Impfzentrum, das hat sich aber in den letzten Wochen wieder etwas reduziert. Seit letzter Woche haben wir wieder mehr zu tun, weil wir die Impfkapazitäten verdoppeln wollen. Aber wir haben vor Ort ein super Team. Unsere Schichtleiter organisieren die täglichen Abläufe, zudem gibt es einen Verwaltungsleiter Impfen, der sich auch Vollzeit mit diesem Thema beschäftigt.
Und was erlebst du so Tag für Tag in deinem Job?
Es kommen hier immer wieder Briefe an, auch an mich persönlich adressiert, in denen die Leute darum bitten, priorisiert zu werden bei der Impfung. Aber wir halten uns natürlich sehr penibel an die Spielregeln und impfen nach der Corona-Impfverordnung, unabhängig davon, wie nett die Leute sind oder ob sie Fördermitglied sind.
Die Mitarbeiter wachsen gerade über sich hinaus. Wir haben eine FSJlerin, die normalerweise in der Sozialarbeit tätig ist und mittlerweile Schichtleiterin im Impfzentrum ist, weil sie sich überdurchschnittlich gut in das Thema eingearbeitet hat. Einige haben die Chance genutzt, um sich in einem völlig neuen Licht zu präsentieren und Verantwortung zu übernehmen. Und da bin ich einfach stolz auf meine Leute.
Begegnen dir auch Kritik und Ängste? Und wie gehst du damit um?
Menschen, die der Impfung grundsätzlich sehr kritisch eingestellt sind, treffen wir im Impfzentrum natürlich eher nicht. Aber wir merken schon, dass sich die Menschen sehr genau mit den verschiedenen Impfstoffen beschäftigen. Es gibt wenige, die sagen: Hier, mein Arm - legt los! Sie stellen gezielte Nachfragen, zum Beispiel ob sie nicht warten sollen, bis sie irgendwann die freie Auswahl haben. Uns ist bisher aber mit unserem ärztlichen Leiter und stellvertretenden Chefarzt gemeinsam gelungen, da auch im Einzelfall die Leute zu überzeugen.
Welche sind ihre Hauptargumente gegen solche Ängste?
Viele sagen ja, sie wüssten nicht, wie die Langzeitfolgen der Impfung aussehen. Das beste Gegenargument ist: Wir wissen auch nicht, wie die Langzeitfolgen von Corona sein werden. Die Wissenschaft geht ja bereits davon aus, dass es diese Langzeitfolgen von Corona gibt, ein kontrolliert zugelassener Impfstoff ist da wahrscheinlich risikofreier als ein völlig unkontrollierbarer Virus. Und ein zweites Argument ist, dass die regelhafte Grippeimpfung vom Wirkungsgrad sogar meist schlechter ist als die Astra Zeneca Impfung, die ja "nur" um die 70 Prozent Schutz bietet. Das ist vielen Menschen nicht bewusst.
Welchen Wunsch hättest du aktuell in Richtung Politik oder Gesellschaft?
Ich wünsche mir, dass sich die Planbarkeit der Impfstofflieferung verbessert. Ich wünsche mir, dass sich die Software verbessert, da haben wir auch schon sehr viel Verbesserungsvorschläge bei dem Hersteller und bei Videokonferenzen mit der Regierung vorgebracht. Und ich wünsche mir von der Gesellschaft, dass sie sich sauber informiert, nicht auf Verschwörungstheorien hereinfällt und für die Impfung bereithält. Ich bin davon überzeugt, dass wir aus der Sache nur rauskommen, wenn ein Großteil der Bevölkerung das Angebot annimmt. Und da ist es manchmal einfach besser, die offenen Fragen mit dem Arzt des Vertrauens zu klären und nicht auf Facebook nach Antworten zu suchen.