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Die Hürden im Alltag der Altenpflege
Anja Gärtner ist examinierte Altenpflegefachkraft und arbeitet im Kreisverband Tirschenreuth. Tagtäglich sieht sie sich bei ihrer Arbeit vor allem mit einer Herausforderung konfrontiert: Stress durch Personalknappheit.
Altenpflegefachkraft ein Beruf mit Zukunftsperspektive, krisensicher, sinnstiftend. Anja Gärtner hat sich neben den genannten Gründen für ihn entschieden, weil sie ihn als vielfältig und abwechslungsreich empfindet, als einen der wichtigsten Berufe überhaupt neben dem des Arztes.
Man entwickelt ein hohes und breites Fachwissen, auch im medizinischen Bereich und steht täglich vor neuen Herausforderungen.
Anja Gärtner, Altenpflegefachkraft
Diese sind jedoch nicht immer nur konstruktiver Natur: Wenn die planmäßige Besetzung in der Einrichtung anwesend ist, lässt sich das anspruchsvolle Pensum bewältigen. Doch wehe, es fällt auch nur eine Kraft aus, dann entsteht enormer Druck. Aber auch dann lässt sich die Arbeit gerade noch bewältigen, ein Notfall darf dann aber nicht passieren.
Es ist erwiesen, dass unsere Unruhe und der Druck, unter dem wir stehen, sich auf die Bewohner übertragen.
Anja Gärtner, Altenpflegefachkraft
Besonders auf Demenzkranke oder jene mit psychischen Problemen, von denen zusehends mehr die Einrichtungen besuchen.
Bewohner mit Depressionen, Schizophrenie oder Angstkrankheiten bräuchten eigentlich viel mehr Gespräche, ruhige Gespräche. Doch bis auf die demenzkranken Bewohner, für die es jetzt einen Pflegegrad gibt, ist sowas so gut wie nicht drin.Anja Gärtner, Altenpflegefachkraft
Es fehlt einfach an Manpower. Die den Fachkräften zur Seite gestellten Bereichsassistenten sind eine gut gemeinte Zwischenlösung. Doch da diese nicht am Patienten arbeiten dürfen („nicht einmal eine Begleitung zur Toilette ist erlaubt“), bleiben für sie lediglich Aufgabenfelder wie beispielsweise Fahr- oder Telefondienste. Gärtner sieht eines der Schlüsselthemen in puncto Personalfragen buchstäblich im Schlüssel: im Personalschlüssel. Dieser wird angesetzt an den Pflegegraden, die eine Einrichtung hat. Anhand dessen wird ausgerechnet, wie viele Fachkräfte einer Einrichtung zustehen. „Was hier zu einem Ungleichgewicht führt: Die Bewohner mit einem niedrigeren Pflegegrad haben im Grunde weniger Anspruch auf uns Fachkräfte als jene mit Pflegegrad 4 oder 5, sind aber die, die am häufigsten klingeln. Da reicht es schon, wenn der Vorhang nicht gerade hängt oder ein Stück Zucker schief auf dem Tisch liegt. So bleibt im Alltag oft zu wenig Zeit für jene, deren Anspruch auf Fachpersonal nicht ohne Grund höher ist“, berichtet Gärtner. Leider wird überhaupt nicht berücksichtigt, dass die niedrigeren Pflegegrade oft die zeitintensivsten sind. Die Folge des Personalschlüssels: In der Altenpflege gibt es zu wenige Kräfte für zu viele, teils schwer pflegebedürftige Bewohner. Doch die Altenpflege hat noch mit einem anderen Problem zu kämpfen: ihrem Image.
Auch wir führen Sauerstoffversorgungen, Sondenernährung oder große Wundversorgung durch. Doch dass unser Beruf sehr anspruchsvoll ist, das wird oft nicht gesehen.
Anja Gärtner, Altenpflegefachkraft
Wenig zuträglich ist es da, dass jüngst im Rahmen der neuen Gesetzgebung das Prüfungsniveau für die Altenpflege abgesenkt wurde. Und das obwohl sich der Großteil des potenziellen Nachwuchses aufgrund finanzieller Aspekte eher für eine Karriere als Krankenpfleger entscheidet.