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Digitalisierung ist kein Selbstzweck
Wer seine Prozesse digitalisieren will, der muss sie verstehen, bis ins allerletzte Detail und mit all seinen Tücken, Schleifen und Ausnahmen. Und um die Vorteile von Digitalisierung voll ausnutzen zu können, müssen auch Automatisierung und Standardisierung parallel vorangetrieben werden.
Denn was hilft es zum Beispiel, ein Formular online ausfüllen zu können, wenn die eingegebenen Daten uneinheitlich sind und jemand im Hintergrund diese deswegen immer noch händisch bearbeiten muss, um weitere Schritte einzuleiten? Daher darf Digitalisierung nicht nur oberflächlich betrieben, sondern muss über alle Ebenen hinweg gelebt und in den Dienst eines höheren Zieles gestellt werden.
Um dies auch im Bayerischen Roten Kreuz zu ermöglichen und um unsere eigenen Prozesse besser zu verstehen, hat das Projekt ‚BRK der Zukunft‘ zusammen mit der Stabsstelle Digitalisierung im Januar und Februar zu gleich drei Digitalisierungsworkshops eingeladen. Dem Ruf sind jeweils rund 20 Expert*innen aus Haupt- und Ehrenamt gefolgt, um ihr Wissen und Ihre Ideen einbringen zu können.
Aufbauend auf den vom Projekt Ende letzten Jahres verabschiedeten Grundsätzen zur Digitalisierung gingen die Teilnehmenden auf Reise. Denn die sogenannte ‚Journey‘- oder auch End-to-End-Methode betrachtet einen kompletten Lebenszyklus in all seiner Vielfalt und versucht dabei Einsparpotenziale, Stolpersteine, Optimierungsbedarfe, Ausnahmefälle, aber auch reibungslose und kopierbare Schritte zu erkennen. Mit der ‚Reise des Kunden‘, sowie den Zyklen ‚Vom Eintritt bis zum Austritt eines Ehrenamtlichen‘ bzw. Mitarbeitenden wurden hier erste Impulse gesammelt, die es in den kommenden Monaten gilt intensiver zu betrachten und auch in die Arbeitsgruppen – vor allem Ehrenamt und Fachkräftemangel – einfließen zu lassen.
Durch die ständigen Weiterentwicklungen im Einzel- und Online-Handel sind Rot-Kreuz-Kunden an Standards und Selbstverständlichkeiten gewöhnt, die wir so aktuell noch nicht bieten (können): Eine verständliche, übersichtliche und bayernweit einheitliche Darstellung der Angebote, Online-Buchungen und -Anmeldungen, digitale Bezahlmöglichkeiten wie PayPal oder die automatisierte Verarbeitung von SEPA-Mandaten. Auch muss über eine Ausweitung der Erreichbarkeit nachgedacht werden – zeitlich, aber auch in Form des Mediums, da Live-Chats hier zum Beispiel ganz neue Möglichkeiten eröffnen.
Im Ehren- als auch im Hauptamt geht es unter anderem darum, die richtigen Informationen zum richtigen Zeitpunkt im richtigen Format anbieten zu können: Dies gilt für die Bewerbung im Hauptamt sowie für die Anmeldung im Ehrenamt, den Onboarding-Prozess im Allgemeinen, sowie für den Gehaltszettel, die Reisekostenabrechnung oder auch Aufwandsentschädigungen. Auch soll allen von Anfang an und ohne menschliches Zutun Zugriff auf Portale wie das IMS und Mitarbeitervorteile gewährt werden – eine automatische Erstellung von Accounts und Initialpasswörtern im Moment des Eintritts beim Roten Kreuz könnten dies ermöglichen.
Auch wenn es in vielen Bereichen schon Grundlagen gibt – beispielweise Kundencenter, die um ein digitales Team erweitert werden können -, muss man sich auch eingestehen, falls aktuelle Prozesse und Technologien möglicherweise in eine Sackgasse führen. Denn daran verbissen und möglicherweise aussichtslos festzuhalten, bestraft Digitalisierung spätestens dann, wenn Systeme nicht mehr kompatibel sind und zu einem Stillstand führen. Daher lieber jetzt mögliche Fehlinvestitionen der Vergangenheit akzeptieren und sich entsprechend neuausrichten, um hohe Kosten in der Zukunft zu vermeiden.
Die kommenden Monate und Jahre werden sehr spannend und kräfteaufreibend für das Rote Kreuz, aber gemeinsam können wir ein Zeichen setzen und unsere Visionen verwirklichen – selbstverständlich mit unseren Mitmenschen stets im Mittelpunkt jeder Handlung. Denn Digitalisierung im BRK ist kein Selbstzweck, sondern immer im Sinne „Unsere Mission + Menschen helfen“.