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60.000 Liter pro Tag
Wasser – für uns selbstverständlich kommt es nach Belieben aus dem Hahn, aus der Leitung oder ist bequem im Supermarkt zu kaufen. Doch in vielen Krisengebieten ist sauberes Trinkwasser ein rares Gut. Oft kommt dann die Trinkwasseraufbereitung zum Einsatz - und mit ihr Peter Hoffmann aus Augsburg. Er ist seit 20 Jahren international für das Rote Kreuz ehrenamtlich im Einsatz, unter anderem zur Trinkwasseraufbereitung.
Wie sind Sie im Bereich Trinkwasseraufbereitung aktiv geworden?
Alexander Leupolz und ich sind seit Ewigkeiten im BRK, genauer gesagt in der Wasserwacht. Mit ihm war ich bei vielen Einsätzen. Es begann damit, dass das Zentrallager des BRK in Ebenhausen Ende der 1990er Jahre aufgelöst wurde und die übrigen Güter verteilt wurden. So bekamen wir eine Trinkwasseraufbereitungsanlage (TWA). In den 1970er Jahren war bereits eine kleine Trinkwasseranlage in Augsburg. Alex und ich haben ein paar Leute zusammengetrommelt – unser Plan war in unserer Rente nach Afrika zu gehen und dort Trinkwasser herzustellen. Dafür haben wir viele Schulungen und Ausbildungen gemacht.
Und dann kam es doch anders?
Genau, denn in 2004 ereignete sich die Tsunami-Katastrophe in Thailand und eine große Flut in Amerika. In 2005 war das Erdbeben in Pakistan. Dem DRK ging die Manpower aus. Beim DRK griff man dann auf Leute in der zweiten Reihe zurück und dort stand ich. Ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort, seitdem bin ich internationaler Delegierter und werde auch an andere Länder ausgeliehen. Für mich spielten Glück, Fleiß und Zufall zusammen. Bis heute bin ich regelmäßig Teil internationaler Einsätze. Ursprünglich bin ich gelernter KFZ-Mechaniker inklusive Meister und Studium.
Wo waren Sie bisher im Einsatz?
2005 war ich in Pakistan und bin unwissentlich an der Wohnung von Osama Bin Laden vorbeigefahren. Erfahren habe ich das später. Es folgten Bangkok, zweimal Haiti, Jordanien, Ukraine, Uganda und zuletzt Lesbos und ein 2. Mal die Ukraine. Dort war ich im Bereich Logistik eingesetzt.
Welche Gefahren lauern durch unsauberes Trinkwasser?
Natürlich Krankheiten, aber auch Durst durch die Trinkwasserknappheit. Folglich auch die Existenzgrundlage, denn in vielen Krisengebieten, in denen ich war, werden Tiere gehalten, z. B. zur Gewinnung von Milch. Auch sie brauchen Wasser. Trinkwasserknappheit herrscht übrigens nicht nur außerhalb Europas. Auch in Deutschland wird Wasser knapper, auch Spanien spürt die Veränderungen durch den Klimawandel. Denkt man weiter, so muss man beachten, dass wir ohne ausreichendes Rohwasser auch kein Trinkwasser herstellen können.
Wie stellen Sie Trinkwasser her?
Mit Chemie, das ist vergleichbar mit der Technik für Pools. Zuerst desinfizieren wir das Rohwasser mit Chlor, durch ein Flockungsmittel werden Trübstoffe entfernt. Das Wasser wird mit Aktivkohle ein weiters Mal behandelt und anschließend machen wir es mit Chlor haltbar. Das ist relativ einfach. Mit Motorpumpen pumpen wir Wasser aus Flüssen in große Tanks, die etwa 6-10 Kubikmeter Fassungsvermögen haben. Bei dem kompletten Prozess müssen wir sehr wirtschaftlich handeln und Material sparen, wo es nur geht. Denn die nötigen Chemikalien werden für uns in die Krisengebiete eingeflogen.
Wie viel Wasser kann pro Tag aufbereitet werden?
Bei voller Leistung kann jede unserer beiden Anlagen (TWA 6) 60.000 Liter Trinkwasser pro Tag herstellen. Andere Systeme schaffen auch 500.000 Liter pro Tag. Zum Überleben werden 4-6 Liter pro Person gebraucht, das ist ein Minimum. In Deutschland rechnet man 140 Liter pro Tag pro Person, darunter fallen auch die Toilettenspülung, Geschirrspüler und Dusche.
Wie geht es dann weiter?
Wir kommen am Anfang als Katastrophenhilfe zum Einsatz. Unser Zielt ist langfristig die Hilfe zur Selbsthilfe. Sobald die Trinkwasseraufbereitungsanlage in Gang ist, schulen wir örtliche Kräfte dazu. Natürlich arbeiten wir dann auch mit Dolmetschern zusammen. Die Anlage bleibt dann dort und für uns geht es zurück nach Hause. Wir übernehmen vor Ort nie das Zepter, sondern unterstützen.
Wo war ihr letzter Einsatz und ist bereits der nächste geplant?
Zuletzt war ich für einen Logistik-Auftrag in der Ukraine. Man lernt bei solchen Einsätzen die Rotkreuz-Grundsätze wieder besser kennen: die Menschlichkeit, den Dienst am Nächsten. Eigentlich wäre ich jetzt im Gaza-Streifen, aber gesundheitliche Probleme ließen das nicht zu. Diese Einsätze sind sehr stressig und fordernd, sie verlangen einem geistig und körperlich viel ab und dafür muss man gerüstet sein. Entweder macht man das aus Leidenschaft oder gar nicht. Man muss auch ein bisschen verrückt sein. Und ohne den Rückhalt meiner Familie wäre das undenkbar für mich.
Auch ihr wollt international helfen?
Informiert euch beim BRK Kreisverband Augsburg-Land oder schreibt an twa(at)kvaugsburg-land.de.