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BRK fordert Stärkung bestehender Strukturen und warnt vor ‚Verramschung‘ sozialer Berufe
Seit der Aussetzung der Wehrpflicht und dem damit verbundenen Ende des Zivildienstes im Jahr 2011 wird in der Bundesrepublik der Diskurs um die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht ständig aktualisiert.
Die Vorschläge kamen aus den verschiedensten politischen und gesellschaftlichen Richtungen und erfassten dabei nicht nur die Zielgruppe der Jugendlichen, auch Arbeitssuchende und Rentner*innen gerieten zumindest zeitweise in den Fokus der Debatten.
Der jüngste Vorschlag der CSU-Landtagsfraktion zur Etablierung eines verpflichtenden Gesellschaftsjahres hat das Thema wieder auf die Tagesordnung gesetzt. Dieser sieht vor, dass sich Menschen „mindestens sechs bis sieben Monate am Stück bei der Bundeswehr, in Vereinen oder sozialen Einrichtungen“ einbringen. Zentrale Fragestellungen bleiben unbeantwortet, insbesondere hinsichtlich einer völkerrechtskonformen Umsetzung eines solchen Gesellschaftsjahres und wie die Finanzierung dieses Jahres sichergestellt werden kann.
„Wünschenswert und dringend notwendig wäre eine Stärkung der bestehenden Strukturen der Freiwilligendienste, zum Beispiel eine Erhöhung des Taschengeldes für die Freiwilligen und ein Rechtsanspruch auf einen Freiwilligendienst“, so BRK-Vizepräsidentin Brigitte Meyer. „Schon heute ist die Nachfrage nach Freiwilligendiensten größer als die vom Bund finanzierten Plätze."
Wir müssen aufpassen, dass wir diese Tätigkeitsfelder nicht ungewollt verramschen!
Aus Sicht des Bayerischen Roten Kreuzes ist eine grundsätzliche Trennung zwischen einer möglichen „Dienstpflicht“ und dem sogenannten sozialen Jahr notwendig. „Die Vermischung von Dienstpflicht, Ehrenamt und sozialen Berufsfeldern schwächt Ansehen und Anerkennung der Tätigkeitsfelder im sozialen und rettungsdienstlichen Bereich und macht die Gewinnung von Fachkräften und langfristig engagierten Ehrenamtlichen noch schwieriger“, so BRK-Vizepräsidentin Brigitte Meyer. „Es fehlt ganz offensichtlich das Bewusstsein, dass in diesen Tätigkeitsfeldern Expertinnen und Experten gebraucht werden – und keine Monatspraktikanten, die mal kurz ein Ehrenamt oder eine pflegerische Tätigkeit ausüben können.“
Dem CSU-Vorschlag zufolge soll ein solches „verpflichtendes Gesellschaftsjahr“ mindestens sechs bis sieben Monate am Stück abgeleistet werden. „Aus den Freiwilligendiensten wissen wir, dass allein die Einarbeitungszeit etwa ein halbes Jahr in Anspruch nimmt - und auch der Gewinn für die Freiwilligen, im Sinne der Persönlichkeitsentwicklung, erst nach einem halben Jahr spürbar wird“, so Meyer.
Insgesamt würde damit also aus Sicht des Bayerischen Roten Kreuzes ein gegenteiliger Effekt erzielt und der Stellenwert dieser Tätigkeitsfelder weiter geschwächt werden. Die Arbeitsbedingungen, die Anerkennung und auch die Bezahlung blieben schwach, die Attraktivität der Berufsfelder sinke und der Fachkräftemangel würde sich weiter verschärfen. „Während in anderen Berufsfeldern ständig von Professionalisierung die Rede ist, sollen ausgerechnet diese wichtigen Tätigkeitsfelder im Ehrenamt, im sozialen Bereich und in der Daseinsvorsorge durch Menschen unterhalb der Qualifikation einer Hilfskraft deprofessionalisiert werden“, so Meyer. „Wir müssen aufpassen, dass wir diese Tätigkeitsfelder nicht ungewollt verramschen.“
Sollte es zu der bundespolitischen Entscheidung kommen, eine wie auch immer geartete „Wehrpflicht“ wieder einzuführen, darf dies nicht zur Folge haben, dass alternativ ein „soziales Pflichtjahr“ (früher: „Zivildienst“) eingeführt wird. Stattdessen sollten bestehende Strukturen gestärkt und ausgebaut werden.