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BRK zur Migrationsdebatte: Menschenverachtender Diskurs nicht zielführend
Das Bayerische Rote Kreuz beobachtet mit großer Sorge einen zunehmend menschenverachtenden Ton in der Diskussion um die nationale Migrationspolitik.
„Es wird zu viel über Zahlen und zu wenig über Menschen gesprochen“, kritisiert Vizepräsidentin Brigitte Meyer die aktuellen politischen Diskussionen rund um das Thema Migration.
Zuwanderung ist keine Pandemie, bei der es ausschließlich darum geht, die Zahlen zu reduzieren. Deshalb appellieren wir eindringlich, die Menschlichkeit in den Mittelpunkt der Diskussion zu stellen und zur Sachlichkeit zurückzukehren. Es ist unbestritten, dass es umfassender Maßnahmen bedarf, damit die Integration in unsere Gesellschaft wieder besser funktioniert.
Förderung von gesellschaftlicher, sozialer, kultureller, politischer und wirtschaftlicher Teilhabe von Zugewanderten sind von zentraler Bedeutung, um ein Miteinander gut und nachhaltig zu gestalten. Dazu gehört ein frühzeitiger Zugang zu Sprachkursen, zu Arbeit und zum Gesundheitssystem.
Gegenwärtig können nur Asylbewerber mit besonders guter Bleibeperspektive Integrationskurse besuchen. Darüber hinaus ist die Nachfrage nach Deutschkursen höher als das Angebot. Damit werden Beschäftigungsperspektiven und die gesellschaftliche Integration behindert.
Die BRK-Beratungsstellen berichten, dass der Wunsch, eine reguläre Arbeit aufzunehmen, bei den meisten zugewanderten Menschen sehr groß ist. Für Geflüchtete, die noch im Asylverfahren und verpflichtet sind, in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu leben, besteht ein generelles Erwerbstätigkeitsverbot in den ersten neun Monaten des Aufenthalts. Diese Zeit will die Bundesregierung nun auf sechs Monate verkürzen. Das ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Eine frühzeitige Integration in den Arbeitsmarkt führt zu einem schnelleren Ankommen und dadurch, dass weniger Menschen auf staatliche Hilfe angewiesen sind, zu einer größeren Akzeptanz in der Aufnahmegesellschaft.
Sofern eine Arbeitsaufnahme noch nicht erlaubt bzw. noch nicht möglich ist, sollen nach gegenwärtigen Plänen der Politik die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in Form von Bezahlkarten ausgegeben werden. Das Bayerische Rote Kreuz weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass in Deutschland zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben in vielen Bereichen noch Bargeld nötig ist, so zum Beispiel für Schulmaterial, Schulausflüge, Sportaktivitäten etc. Auch die geplante Ausdehnung der reduzierten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz auf 36 Monate erschwert die Partizipation am gesellschaftlichen Leben.
Gegenwärtig erhalten Asylsuchende und geduldete Geflüchtete in den ersten 18 Monaten des Aufenthalts Grundleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Das bedeutet, dass sie während dieser Zeit nicht regulär gesetzlich krankenversichert sind und dass medizinische Leistungen ausschließlich zur Behandlung von akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen gewährt werden. Eine Versorgung mit Zahnersatz erfolgt nur, soweit dies im Einzelfall aus medizinischen Gründen unaufschiebbar ist.
Vizepräsidentin Brigitte Meyer fordert in diesem Zusammenhang: „Ein sofortiger vollumfänglicher Zugang zum Gesundheitssystem mit dem vollem Leistungsspektrum könnte persönliches Leid und hohe Folgekosten für das Gesundheitssystem vermeiden. Hierfür braucht es auch eine elektronische Gesundheitskarte für Asylbewerber*innen - mit geringem Verwaltungsaufwand.“
Um mit den vielfältigen Herausforderungen von Zuwanderung umzugehen und diese für alle Seiten langfristig positiv zu gestalten, braucht es eine systematische und differenzierte Herangehensweise. Das BRK setzt dabei auch auf politische Unterstützung – denn die Legislaturperiode 2023 bis 2028 des Bayerischen Landtags muss die sozialen Themen in den Mittelpunkt rücken und sie nachhaltig stärken.