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Bundesverdienstkreuzträger Friedel Tellert im Interview
Friedel Tellert ist 1946 geboren und ein Urgestein des Bayerischen Roten Kreuzes. Seit nunmehr 55 Jahren ist er Teil des KV Schweinfurt, hat dort in dieser Zeit sämtliche Ämter bekleidet und hat den Wandel des BRK hautnah miterlebt. Für dieses Lebenswerk wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet. Grund genug, um mit ihm über das BRK zu sprechen.
Herr Tellert, wann sind Sie zum BRK gekommen?
Ich kam im November 1967 zum BRK. Dort war ich 20 Jahre lang KBL. Mit meiner Frau, die ich beim BRK kennengelernt habe, habe ich zwölf Jahre eine Doppelspitze gebildet.
Wie sah das BRK damals aus?
Vor der Reform war das BRK in Schweinfurt recht ärmlich aufgestellt. Unsere Dienstkleidung bestand aus grauen Uniformen mit Bergmützen. Wir waren eine Handvoll Haupt- und Ehrenamtliche und hatten nur zwei Fahrzeuge. Eines davon war ein T1, darin konnte man zwei liegende Patienten transportieren.
Generell war die Aufgabenlage damals ein bisschen anders als heute. Bis in die 70er waren wir ein reiner Transportdienst, der dafür verantwortlich war, die Patienten so schnell wie möglich ins Krankenhaus zu bringen. Dabei mussten wir häufig selbst entscheiden, wen wir als erstes mitnehmen, weil wir so klein aufgestellt waren. Das Notarzt-System, wie es heute ist, gab es damals nämlich noch nicht.
Damals kam es zu vielen schweren Autounfällen, weil die Autos noch nicht so sicher waren wie heute. Es gab auch keine Leitstelle, die das alles organisieren konnte. Wir hatten praktisch keinen Kontakt zu den anderen Dienststellen.
Was hat sich während Ihrer Zeit beim BRK am stärksten verändert?
Das sind natürlich mehrere Sachen, die sich positiv verändert haben. Zum einen ist es der Fortschritt der Medikamente im Wagen und das Notarzt-System. Vor 1970 hatten wir nur ein verplombtes Kästchen an Bord, in dem ein Morphiumpräparat lagerte, das nur von einem Arzt geöffnet werden durfte. Das wurde dann mit einer Mehrfachspritze aus Edelstahl verabreicht. Der Arzt hatte damals keinen großen Handlungsspielraum an Bord, denn dort gab es keine Infusionen oder dergleichen.
Auch die Ausbildung war damals eine andere. Wir konnten damals alle gut in den Sanitätsdienst reinwachsen. Heute ist die Sanitätsausbildung so komplex, sodass das nicht mehr weit vom Medizinstudium weg ist.
Die größte und wichtigste Veränderung ist aber die Erstversorgung. Heute wird direkt im Wagen selbst der Patient erstversorgt. Als wir damals damit angefangen haben, waren die Leute irritiert, dass wir nicht sofort ins Klinikum fahren.
Und ab wann gab es diese ganzen Veränderungen?
In den 1970er Jahren hat sich vieles verändert. Medizin, Technik, Wissenschaft. Das alles hat einen riesigen Sprung gemacht. Zu der Zeit wurde der KV Schweinfurt mit Sachspenden von ortsansäßigen Firmen unterstützt. So besaßen wir bereits in den 70ern ein Notstromaggregat, das uns spendiert wurde, ebenso wie ein Krankenwagen, der durch Spenden ermöglicht wurde.
Ab 1975 waren es in Schweinfurt schon 52 Hauptamtliche, die dort tätig waren.
Was ist der größte Unterschied von damals zu heute?
Heute sind das Ehrenamt und die Sani-Dienste so beliebt wie nie. Gerade durch die Pandemie haben viele gemerkt, wie wichtig das BRK ist. Durch die Spezialisierungen sind die Anforderungen an die Rettungskräfte so hoch, dass nur wenige Ehrenamtliche das in ihrer Freizeit gemeistert bekommen. Sie können zwar noch Fahrer werden, aber auch dafür benötigen sie einen besonderen Führerschein, da der normale Rettungswagen schon mehr als 4,5 Tonnen wiegt.
Was war Ihr schönstes Erlebnis während Ihrer BRK-Zeit?
Für mich ist es jedes Mal schön, wenn Leute glücklich sind, weil man ihnen geholfen hat.
Was ist Ihnen am meisten im Gedächtnis geblieben?
Da bleiben natürlich eher die extremen Sachen hängen. Wie z.B. schwere Unfälle oder Zugunglücke. Der Tod gehört zum Rettungsdienst eben dazu. Damals war auch das aber noch anders. Es gab keine psychosoziale Nachsorge für Rettungskräfte. Die Aufarbeitung fand ausschließlich durch Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen statt. Heute kann man dank der modernen Medizin vielen das Leben retten, wo das früher nicht der Fall gewesen wäre.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft vom BRK?
Ich wünsche mir, dass das BRK weiterhin die führende Organisation unter den Hilfsorganisationen bleibt. Dazu zählt, weiterhin bestrebt zu sein, das hohe Niveau zu halten und nicht einzuknicken. Das Rote Kreuz ist ein Zeichen der Humanität.
Herzlichen Dank für das Gespräch!