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Ein Füreinander und Miteinander aller Generationen: Das Mehrgenerationenhaus in Haßfurt
Direkt am Haßfurter Marktplatz, einen Steinwurf vom Bahnhof entfernt, steht das Mehrgenerationenhaus (MGH) des BRK Kreisverbands Haßberge. Ein Ort, an dem sich Alt und Jung begegnen und gegenseitig helfen können. Lisa Geyer ist Pädagogin und betreut dort die Fachstelle für pflegende Angehörige, die Familienbildungsstätte sowie die Zukunftswerkstatt Digitalisierung. Wir haben mit ihr ein Gespräch über das Mehrgenerationenhaus geführt und über Einsamkeit, Hilfe und Eigeninitiative gesprochen.
Vielen Dank, Frau Geyer, dass Sie sich die Zeit nehmen, um uns von der Arbeit im MGH zu erzählen. Fangen wir doch ganz vorne an: Was ist das MGH, wann wurde es gegründet und was ist die Idee dahinter?
Das MGH in Haßfurt existiert seit 2008 und das BRK hat die Trägerschaft für das Haus und die Fachstelle für pflegende Angehörige. Es ist ein großer, einladender und barrierefreier Treffpunkt für alle, von Familien mit Kleinkindern bis zu Senioren. Wir bieten verschiedene Projekte an, an denen sich die Besucher*innen beteiligen und sich selbst einbringen können. Aber auch Demenz ist bei uns ein wichtiges und sehr präsentes Thema, nicht zuletzt durch die Fachstelle für pflegende Angehörige. Hier können sich Familien, die einen Demenzfall in der Verwandtschaft haben, Hilfe holen. Dadurch, dass wir Präventivarbeit leisten, können wir gut darauf reagieren.
Die Idee hinter dem MGH ist, eine Begegnungsstätte zu schaffen, die offen für alle ist, egal, ob Alt oder Jung, mit oder ohne Handicap. Der Fokus liegt darauf, alle Generationen zusammenzubringen, weil gerade die Begegnung sehr wichtig ist. Dabei ist auch zu erwähnen, dass ein Großteil der Arbeit auch von Freiwilligen gemacht wird, die sich mit einbringen. Derzeit haben wir über hundert Freiwillige.
Superspannend! Und wie kamen Sie zum MGH in Haßfurt?
Ich habe mich während meines Studiums auf Erwachsenenbildung spezialisiert und ein Praktikum hier gemacht. Dabei war ich Bildungspatin und hab eine junge Besucherin dabei unterstützt, ihren Hauptschulabschluss zu machen. Direkt nach dem Studium konnte ich hier anfangen. Es ist super abwechslungsreich und bietet viele verschiedene Themen, aber alle sind sie nah am Menschen. Und alle, die herkommen, schätzen das MGH.
Welche Herausforderungen stellen sich Ihnen im Alltag im MGH?
Generell kann man sagen, dass es ein anderes Arbeiten hier ist, denn unsere Bürotüren sind immer offen, sodass jederzeit jemand reinkommen kann, der etwas braucht. Aber genau das macht den Job so spannend, jeder Tag ist anders.
Das klingt sehr herausfordernd, aber was sind die schönsten Momente für Sie?
Das Schönste ist es, den Menschen zu helfen. Wenn man sie mit einem guten Gewissen heimgehen lassen kann, weil man weiß, dass man ihnen bei der einen oder anderen Sache geholfen hat. Dazu ist es jedes Mal etwas Besonderes, wenn Besucher*innen sagen, dass das MGH ihr zweites Zuhause ist.
Das kann ich mir gut vorstellen. Das ist auch etwas ganz besonders. Welche Generationen kommen denn ins MGH und welche Angebote gibt es für welche Generation?
Von Eltern mit Kleinkindern über Jugendliche bis zu Senioren sind bei uns alle willkommen. Demnach deckt unser Angebot viele Bereiche ab. Vor allem lebt das Angebot aber vom Miteinander und dem Füreinander. Beispielsweise unsere Bildungspatenschaften. Das bringt mehrere Generationen zusammen und stärkt das Miteinander. Dabei sind die älteren Semester oft der Opa-/Oma-Ersatz, während die Kinder zu den Enkeln werden, die sie vielleicht nie hatten.
Darüber hinaus gibt es gemeinsame Mahlzeiten wie den Mittagstisch, an dem sich unsere Besucherinnen und Besucher aktiv einbringen können. Denn hier wird mit einer ausgebildeten Hauswirtschafterin gemeinsam gekocht.
Spannend sind unsere Sportangebote, von denen einige aus der Initiative der Besucher*innen selbst entstanden sind. So zum Beispiel die E-Bike-Gruppe, die sich an Wochenenden trifft und Radtouren durch den Landkreis macht.
Auch die Musik kommt bei uns im Haus nicht zu kurz. Wir haben zwei Gesangsgruppen, die unterschiedlich ausgerichtet sind und von altem Liedmaterial bis zu modernen Popsongs so gut wie alles abdecken.
Welches Angebotsprogramm haben Sie für pflegende Angehörige?
Von der Fachstelle aus haben wir mehrere Angebote für pflegende Angehörige und Demenzerkrankte. So zum Beispiel unser Musikcafé. Da gibt’s Live-Musik und pflegende Angehörige können sich währenddessen austauschen. Es wird getanzt und gesungen und alle machen mit. Hier stehen das Gemeinwohl und das gemeinsame Erleben im Fokus, nicht die Krankheit.
Auch die Wohlfühlnachmittage für pflegende Angehörige werden sehr gut angenommen. Hier variiert das Programm und reicht von Malerei, über Vorträge bis hin zu Live-Musik. Um den Angehörigen mal eine Pause zu geben, in der sie mal nicht nur als pflegende Angehörige gesehen werden, sondern frei heraus das machen können, wofür ihnen sonst die Zeit fehlt.
Wir haben auch ausgebildete Demenzhelfer, die in die Familien gehen und sie unterstützen, so gut es geht. Wir arbeiten hauptsächlich präventiv. Das bedeutet, die Angehörigen und die Erkrankten kennen uns schon von früher, weil sie mal selbst Besucher waren oder an unserem bunten Angebot teilgenommen haben. Dadurch bieten wir niedrigschwellige Hilfe an, wenn es gerade losgeht. Und die auch sehr gut angenommen wird.
Welche Rolle spielt Einsamkeit wirklich im MGH?
Einsamkeit spielt leider eine große Rolle. Es will auch nicht jeder sagen, dass er oder sie einsam ist, aber wenn man die Besucher*innen näher kennenlernt, merkt man das schon. Viele wohnen inzwischen allein oder sind alleinstehend. Aber genau dafür sind wir da. Wir haben ein offenes Ohr, für diejenigen, die jemanden zum Reden brauchen und bieten ein Programm, an dem sich einsame Personen aktiv beteiligen können. Manche Besucher*innen kommen jeden Tag, machen bei den verschiedensten Angeboten mit und sind traurig, wenn mal wieder ein Feiertag oder ein verlängertes Wochenende kommt, an dem wir nicht offen haben. Wir versuchen immer, die Talente der Besucher*innen zu erkennen und zu fördern, sodass sie etwas finden, bei dem sie wieder aufblühen können. Vom Fahrdienst über Bildungspatenschaften bis zum Kochen und Backen ist da alles dabei und möglich.
Kommen wir nochmal auf das Thema Demenz zurück: welche Rolle spielt die Erkrankung im Alltag des MGH, vielleicht auch im Zusammenhang mit Einsamkeit?
Durch eine Demenz kommt es nicht selten vor, dass sich der Freundeskreis von einem abschottet und man dadurch vereinsamt. Auch die pflegenden Angehörigen vereinsamen ein Stück weit, da sie sich meistens nur noch um die erkrankte Person kümmern. Und oft stehen die Personen dann vor einem riesigen Berg aus Fragen, den so eine Erkrankung mit sich bringt. Sei es nun der Pflegedschungel, welche Ansprüche man hat, welche Pflegegrade es gibt oder allgemeine Beratung und Weitervermittlung. Wir haben da aber ein ganz gutes und großes Netzwerk mit dem BRK zusammen aufgebaut. Dadurch können die Menschen gezielt weitervermittelt und ihnen so geholfen werden. Seien es nun Fahrdienste, ein Hausnotruf, unser Expertennetzwerk oder der Seniorenbeirat, in dem wir ebenfalls tätig sind.
Wie können wir alle das MGH Haßfurt unterstützen?
Wenn es um Politik geht: es wäre schön, wenn die MGH mehr gesehen und gefördert würden. Man muss nicht immer neue Projekte ins Leben rufen, man kann auch bestehende Strukturen stärken und Projekte unterstützen.
Ansonsten gilt: kommt vorbei, seid dabei und gestaltet das MGH mit.
Vielen Dank für das Gespräch!