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"Es wird leider noch zu oft pauschalisiert" Interview zum Weltfrauentag
Heute ist Weltfrauentag, ein Tag der in der Zeit um den Ersten Weltkrieg im Kampf um die Gleichberechtigung und das Wahlrecht für Frauen entstand. Für uns ein guter Anlass, um mit Bettina Stuffer, neue Gleichstellungsbeauftrage des Bayerischen Roten Kreuzes, zum Status Quo der Gleichstellung zu sprechen.
Bettina, du bist die neue Gleichstellungsbeauftragte im BRK. Was ist deiner Meinung nach die größte Herausforderung, heute eine Frau zu sein?
Als Frau ist man in gewissen beruflichen Kontexten auch heute noch in der Minderheit. Und unabhängig davon, ob man eine Frau ist oder einer anderen Minderheit angehört, spiegelt sich dies auch manchmal im Verhalten des Gegenübers wider. Manchmal verändert sich beispielsweise das Kommunikationsverhalten. Frauen werden außerdem noch immer mit gewissen Vorurteilen, Erwartungen oder einem bestimmten Rollenbild konfrontiert. Es wird in meinen Augen leider noch zu oft generalisiert bzw. pauschalisiert.
Was ist deiner Meinung nach das Beste daran, heute eine Frau zu sein?
Frauen haben heute natürlich mehr Chancen. Das sieht man zum Beispiel ganz deutlich dann, wenn es um Bildung geht. Die Generationen vor uns mussten viel mehr um Bildung kämpfen, was bei uns ja gar nicht mehr der Fall ist. Auch hat sich glücklicherweise schon etwas dahingehend verändert, dass nicht mehr nur Frauen Care-Arbeit leisten. Also beispielsweise die Pflege von Familienangehörigen oder das Nehmen von Elternzeit sind nicht mehr Dinge, die nur Frauen übernehmen. Heute teilen sich Partner*innen viel häufiger diese Aufgaben. Nichtsdestotrotz gibt es hier natürlich noch ein großes Ungleichgewicht.
Welchen Tipp würdest du deinem Ich von vor 10 Jahren geben?
Vernetzung ist wichtig. Aber auch, dass man ganz verschiedene Dinge macht, finde ich gut. Es muss nicht der einen perfekten roten Faden im Lebenslauf sein, wichtig ist Erfahrung mit verschiedenen Kontexten zu sammeln und auch mal Dinge zu wagen. Man sollte Neues ausprobieren und auch Dinge tun, die keinen konsequenten Ablauf garantieren. Genau diese Dinge führen dann dazu, dass man sich weiterentwickelt. Und genau davor sollte man keine Angst haben! Man sollte sich mehr zutrauen.
Was kann denn jede und jeder Einzelne dazu beitragen, dass wir gleichgestellter zusammenleben?
Der erste Schritt ist sich bewusst zu werden, dass wir noch nicht gleichgestellt sind. Gleichstellung bedeute ja, dass wir Zugang zu gleichen Möglichkeiten haben, unabhängig vom Geschlecht. Wir müssen uns über den Status Quo bewusst sein, dass unterschiedliche Gruppen auch jetzt noch unterschiedliche Zugänge haben.
Dabei geht es auch um mehrere Gruppen. Wenn man Gleichstellung mehr im Kontext von Diversität betrachtet, ist das ja nicht nur auf Frau und Mann zu beziehen, sondern viel breiter gedacht: Alter, Herkunft, Religion oder soziale Herkunft sind nur wenige der zahlreichen zu berücksichtigenden Merkmale. Wir haben somit nicht nur in Bezug auf Mann und Frau noch viel Arbeit vor uns, sondern auch in den anderen Bereichen. Aber Gleichstellung und letztendlich mehr Diversität wird uns überall zugutekommen.
Warum sind Frauen in Verbänden, wie dem BRK, oder in Führungsrollen allgemein oft unterrepräsentiert?
Generell haben wir in den letzten Jahren einige Entwicklungen im BRK gemacht, die fortschrittlich sind: Wir haben ja beispielsweise eine neue Präsidentin, also eine Frau in unserer höchsten Position im Verband und auch eine weibliche stellvertretende Landesgeschäftsführerin. Ich finde es toll, dass wir diverser aufgestellt sind.
Trotzdem haben wir hier noch einiges zu tun: Frauen brauchen keine unzähligen Förderprogramme, bis sie die Kompetenzen für bestimmte Positionen haben. Ihnen müssen nur gleichen Möglichkeiten gegeben werden - den Rest schaffen sie selbst.
Was unternimmt denn das BRK, um die Gleichberechtigung der Frau im BRK voranzutreiben?
Ich finde wir machen dahingehend gute Schritte. Wir haben seit 2010 einen Gleichstellungsbeirat und eine Gleichstellungsbeauftragte
Der Gleichstellungsbeirat hat sich zum Ziel gesetzt, die Gleichstellung von Frauen und Männern im Haupt- und Ehrenamt noch weiter zu forcieren. Hauptthemen im Beirat sind insbesondere die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die Entwicklung von attraktiven Führungsmodellen im BRK. Ein Beispiel wäre hier das Thema Jobsharing, wo sich zwei Personen eine Funktion teilen, um gewisse Positionen oder Einstiege in diese Positionen attraktiver zu machen. Hier kann der Beirat Impulse für den Verband geben.
Was wünscht du dir für die Frauen im BRK in 10 Jahren?
Ich würde mir wünschen, dass es eine Chancengleichheit gibt. Nicht nur auf zwei Geschlechter bezogen, sondern für alle Gruppen oder Minderheiten. Es gibt genügend Beispiele oder Studien, dass Diversität positiv zum Arbeitsklima und den Ergebnissen beiträgt. Deswegen würde ich mich freuen, wenn wir als BRK in Zukunft diverser werden und generell Gruppen, die nicht zur Mehrheit gehören bessere Perspektiven bieten.