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Katastrophenschutz stärken: Gleichstellung Ehrenamtlicher gesetzlich verankern
Anlässlich des 12. Bayerischen Katastrophenschutzkongresses mit dem 8. Bayerischen Fachkongress Rettungsdienst kommen rund 1.000 Expertinnen und Experten aus Bayern und vielen Teilen Deutschlands an diesem Wochenende in der Max-Reger-Halle in Weiden zusammen.
Im Mittelpunkt stehen die Erfahrungen aus den Krisen und Katastrophen der vergangenen drei Jahre. Aus ihnen die richtigen Lehren und Maßnahmen abzuleiten, ist erklärtes Ziel von Dieter Hauenstein, Kongressleiter und Landesbereitschaftsleiter des Bayerischen Roten Kreuzes. Starken Handlungsbedarf macht er bei regionalen Vorhaltungen für den Krisenfall aus – etwa bei Pandemie-Material, sanitätsdienstlichen Versorgungsgütern, Verpflegung oder Unterkunftskapazitäten. „All das ist nicht in dieser Weise in der Fläche da, wie es wünschenswert wäre. Eine unserer Forderungen ist daher die zentrale Vorhaltung gewisser Güter.“ Dabei rede man nicht nur von staatlichen Vorkehrungen. „Auch wir als Hilfsorganisation müssen unseren Anteil leisten“, sagte Hauenstein.
Die Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes, Gerda Hasselfeldt, betonte in ihrer Eröffnungsrede am Samstagvormittag: „Wir leben in Zeiten multipler Krisen und Katastrophen. Jüngst haben uns die Corona-Pandemie, die Klimakrise, die Flutkatastrophe und der bewaffnete Konflikt in der Ukraine sowie das tragische Erdbeben in der Türkei und Syrien gezeigt, in welcher Komplexität und Reaktionsgeschwindigkeit wir als DRK einsatzbereit sein müssen, um Hilfe nach dem Maß der Not zu leisten.“
Dabei erneuerte und bekräftigte Hasselfeldt ihre Forderungen nach einer Gleichstellung von ehrenamtlichen Einsatzkräften: „Besonders wichtig bei der Bewältigung aktueller Herausforderungen ist die rückhaltlose Unterstützung für die Einsatzkräfte im Bevölkerungsschutz, die zu über 90 Prozent aus dem Ehrenamt kommen. Das ist weltweit einzigartig. Deshalb muss es in unserem ureigensten Interesse liegen, dieses System für die Zukunft zu sichern. Dazu bedarf es der Gleichstellung aller Helferinnen und Helfer im deutschen Bevölkerungsschutzsystem.“
Durch eine bundesgesetzliche Regelung können Einsatzkräfte des Technischen Hilfswerk für Einsätze und Lehrgänge von der Arbeit freigestellt werden. „Bei den Hilfsorganisationen hängt es davon ab, aus welchem Bundesland man kommt“, monierte Hasselfeldt und fügte hinzu: „Die Hilfsorganisationen müssen daher mit den Arbeitgebern verhandeln, teilweise gehen sie in Vorleistung in der Erstattung der Lohnfortzahlung und nicht selten werden sie allein gelassen. Das führt zu verständlichem Unmut unter den ehrenamtlich Tätigen und schafft Ehrenamtliche unterschiedlicher Klassen.“
Die Gleichstellung von ehrenamtlichen Einsatzkräften ist auch in Bayern noch nicht vollumfänglich erreicht. „Die Freistellung von Ehrenamtlichen im Einsatzfall ist geregelt, bei Lehrgängen und Übungen besteht allerdings Handlungsbedarf. In diesen Fällen ist die Freistellung ausschließlich auf freiwilliger Basis des jeweiligen Arbeitgebers möglich“, so BRK-Vizepräsidentin Brigitte Meyer. „Dabei sind Übungen, Fortbildungen und Lehrgänge Garanten für qualfizierte Einsatzkräfte. Es muss hier dringend nachgebessert und eine gesetzliche Verankerung erreicht werden!“
Ob Schneekatastrophe, Coronavirus-Pandemie, Starkregen-Ereignisse oder der Ukraine-Konflikt: Alle Krisen und Katastrophen der vergangenen Zeit hätten eine enorme Hilfsbereitschaft der Bevölkerung gezeigt. „Es ist bemerkenswert, wie hilfsbereit und couragiert sich in den vergangenen Jahren Hunderttausende Menschen für ihre Mitmenschen eingebracht haben. Von Einkaufsdiensten für immungeschwächte Menschen, die sich zu Beginn der Pandemie aus Sorge vor einer Infektion nicht mehr zum Einkaufen trauten, bis hin zu Freiwilligen, die in den Hochwasser-Regionen Sandsäcke befüllten. Diese Menschen stützen unsere Gesellschaft in den schwierigsten Zeiten sehr wesentlich mit“, lobte Vizepräsidentin Meyer.
Mit Blick auf diese Spontanhelferinnen und -helfer sei wichtig, mehr Aufklärung zu betreiben, sagte Brigitte Meyer und fügte hinzu: „Für eine erfolgreiche Einbindung dieser Menschen braucht es ein besonderes Verständnis, Anerkennung und Einfühlungsvermögen, aber auch unbedingt öffentliche Kommunikation, eine Sensibilisierung der Bevölkerung und eine entsprechende Einsatzstruktur.“
Der Kongress widmet sich in diesem Jahr neben der spezifischen Weiterentwicklung der Einsatzfelder auch den Schwächsten der Gesellschaft: „Erstmalig in dieser Intensivität werden auch die Bedürfnisse pflegebedürftiger Menschen in Katastrophenfällen beleuchtet. Die – wie wir mindestens seit der Pandemie wissen – im Katastrophenfall in besonderer Weise geschützt und umsorgt werden müssen“, sagte Brigitte Meyer. „Hilfe und Halt für Menschen in Not: Das ist originäre Rot-Kreuz-Arbeit, die Sie hier und tagtäglich leisten!“
Nach pandemiebedingt drei Jahren Pause findet vom 31. März bis 2. April 2023 der Bayerische Katastrophenschutzkongress zum zwölften Mal statt. Drei Jahre, in denen viele Krisen und Katastrophen durch den Bevölkerungs- und Katastrophenschutz bewältigt worden sind. Das zeigte sich auch im Umfang des Kongressprogramms an diesem Wochenende.